3. April 2007    (10 Sätze zum Urheberrecht)
8. April 2013    (Punkt 3 hinzugefügt, sowie kleinere Änderungen)
16. Juli 2013    (Punkt 12 hinzugefügt)
 
    12 Sätze zum Urheberrecht von Spielen
 

    Eine Bemerkung vorweg: Ich habe diese Sätze formuliert, um dem Irrtum, es gäbe kein Urheberecht auf 'Spielideen' etwas entgegenzusetzen und ein bisschen für Klarheit zu sorgen. Die Aufstellung erfolgt nach bestem Wissen und Gewissen, aber ohne Anspruch auf absolute Wahrheit.

    Ich übernehme keine Gewähr für die Richtigkeit oder Vollständigkeit.

    Zudem gibt es noch weitere rechtliche Bestimmungen die für Arbeit von Spieleautoren von Bedeutung sind (Leistungsschutz, unlauterer Wettbewerb, ...).
     

    1. Auf Ideen gibt es keinen Urheberechtsschutz.
      (Sonst hättte die Nasa für ihre ersten Mondflüge Lizenzzahlungen an die Nachfahren von Jules Verne zahlen müssen - es sei denn jemand hatte die Idee schon vor Jules Verne).
       
    2. 'Spielideen' genießen grundsätzlich Urheberechtsschutz.
      Was gemeinhin als 'Spielidee' bezeichnet wird, meint den gesamten nichtmateriellen Gehalt eines Spiels, also im Wesentlichen das Regelwerk eines Spiels. Und das ist viel mehr als eine bloße Idee (Idee: man könnte ja mal ein Spiel machen, indem die Spieler zum Mond fliegen <> Regelwerk: konkretes Spiel 'Mondreise').

    3. Spielregelwerke sind nicht nur Bedienungsanleitungen.
      Wenn 5 Personen jeweils eine Anleitung für den selben Rasierapparat schreiben, wird sich nur die Form (Aufbau, konkrete Formulierungen), nicht aber der gedankliche Inhalt unterscheiden. Denn alle Funktionen sind bereits im Rasierapparat enthalten und nicht geistiges Eigentum der Verfasser. Daher ist bei Bedienungsanleitungen nur die konkrete Form, nicht aber der Inhalt geschützt.

      Schreiben 5 Personen jeweils eine Anleitung für einen Satz Spielkarten, so unterscheidet sich auch der gedankliche Inhalt. Denn die Funktionen und Regeln des Spiels sind nicht in den Spielkarten definiert, sondern werden erst durch den Spieleautor geschaffen.

      Merke: Bei einem niedergeschriebenen Regelwerk ist - ausreichende Schöpfungshöhe vorausgesetzt - nicht nur die konkrete Formulierung geschützt, sondern auch der gedankliche Inhalt. Duch bloßes Umformulieren der gleichen Regeln ändert sich das Spiel nicht.

      Näheres hierzu siehe u.a. in meinen Artikeln Fabelhaftes Urheberrecht und 3 Gerichtsurteile zum Urheberrecht.
       
    4. Einzelne Spielmechanismen sind hierzulande grundsätzlich nicht schützbar.
      Beispiele: Kramerleiste, bei einer 6 nochmal würfeln, ... Es kommt immer auch auf den Kontext an, indem ein Mechanismus, eine einzelne Regel oder ein Spielelement verwendet wird.

      Vorsicht! In den USA kann man einzelne Spielmechanismen patentieren lassen (bekanntestes Beispiel: Tappen von Karten).
       
    5. Der Urheberrechtsschutz beginnt mit der Vollendung des Werkes (i.d.R. Prototyp und niedergeschriebene bzw. ausgedruckte Spielanleitung), nicht erst mit der Veröffentlichung. Das Recht über eine Veröffentlichung zu entscheiden, ist Teil des Urheberrechts. Man muss das Spiel hierfür nirgendwo anmelden oder hinterlegen. Das ist allenfalls sinnvoll, wenn man den Zeitpunkt der Entstehung nachweisbar dokumentieren will.
       
    6. Titelschutz gibt es dagegen grundsätzlich nur für veröffentlichte Titel (darüberhinaus sind auch Marken geschützt). Titel sind keine Werke, sondern dienen zur Unterscheidung von Werken und sind nicht urheberrechtsfähig.
       
    7. Der urheberechtliche Schutz endet in Deutschland 70 Jahre nach Ablauf des Jahres, in dem der Urheber verstorben ist
      Beispielsweise sind Werke von Lovecraft, der am 15. März 1937 verstorben ist, also vor mehr als 70 Jahren, demzufolge seit dem 1. Januar 2008 urheberrechtsfrei.
       
    8. Bloße 'Anweisungen an den menschlichen Geist' sind nicht geschützt.
      Beispiel: Das Regelwerk von Tempo, kleine Schnecke ist m.W. urheberrechtlich nicht geschützt. Denn die Spieler führen einfache vorgegebene Handlungen aus und haben keine Entscheidungsmöglichkeit. Bei den meisten Spielen jedoch können die Spieler zwischen Handlungsalternativen wählen, handeln in einem Beziehungsgeflecht von Regeln und Elementen. Das macht urheberrechtlich gesehen ein Spiel aus.

      (Einen seriösen Autor sollte das aber nicht davon abhalten, auch ungeachtet der Rechtslage die Arbeit seiner Kollegen zu respektieren.)
       
    9. Es kommt auf die Schöpfungshöhe an.
      Eigenständigen Schutz gibt es nur für etwas, was wirklich neu ist und nicht-trivial.
       
    10. Die Umsetzung eines Spiels in ein anderes Medium bedarf der Erlaubnis des Urhebers (z.B. Brettspiel -> Computerspiel).
       
    11. Weiterentwicklungen eines bestehenden Spiels bedürfen ebenfalls der Erlaubnis dessen Urhebers.
      Wer ein Siedler-Szenario veröffentlichen will, muss Klaus Teuber (und Kosmos) fragen, selbst dann, wenn er es kostenlos anbieten will.

      Wo die Grenze zwischen einer Weiterentwicklung und einem eigenen Spiel ist, ist imho nur im konkreten Einzelfall zu beantworten.
       
    12. Bloße(!) redaktionelle Bearbeitungen sind nicht urheberrechtlich geschützt.
      Denn dabei geht es nicht darum, dass der Redakteur eine individuelle geistige Schöpfung erbringt, sondern sein Ziel ist es, das Spiel marktfähig zu machen. Da Redakteure menschliche Wesen sind und mitunter über nicht unerhebliche Kreativität und Individualität verfügen, ist es im Einzelfall durchaus möglich, dass ein Redakteur durch Bearbeitungen des Regelwerks zum Miturheber daran wird.

      Als Autor sollte man das ggf. anerkennen. Will man jedoch verhindern, dass ein Redakteur zum Miturheber wird, so sollte man Regelvorschläge des Redakteurs und anderer Testspieler sammeln und autonom entscheiden, was davon in das Spiel einfließt und was nicht.

      Jemanden per formaler Vereinbarung zum Miturheber zu erklären bzw. eine Miturheberschaft auszuschließen, reicht genau genommen nicht aus, da das Faktum der Urheberschaft durch die Schaffung des Werks bestimmt wird und nicht per Vereinbarung übertragen werden kann.
      Allerdings lässt sich schriftlich fixieren, wer nach Meinung der Beteiligten Urheber eines Werkes ist.

 
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