3. März.2009
 
    Urheberrecht contra Pressefreiheit?
 

Andrea Meyer entdeckt das Urheberrecht - als Argument gegen Pressefreiheit.


Dabei ist der Sachverhalt nicht ganz so simpel, wie sie den Mitglieder im Editorial der letzten SAZ-News (siehe links) glauben machen will. Ihre Angriffe gegen den Zoch-Verlag und den 'sich versteigenden bekannten Spielejournalisten' zeugen dabei nicht nur von Unkenntnis der Materie sondern belegen abermals ihr gestörtes Verhältnis zur Pressefreiheit.


Ja, Andrea, es ist fast ein Wunder, das du in meinem Artikel Fabelhaftes Urheberrecht (jetzt veröffentlicht auf www.reich-der-spiele.com) fündig wurdest. Denn nur einen Monat später hat die SAZ ihn - zusammen mit den anderen Artikeln des www.spielblog.com - vom Netz genommen, ohne mich als Autor darüber zu informieren. Dabei hatte ich den Artikel auf ausdrücklichen Wunsch der SAZ geschrieben. 'Aus Kostengründen' behaupt der 2. Vorsitzende, Reiner Stockhausen, habe er den Blog eingestellt (Mehr dazu unter saz_spielblog.htm).



Hier sind wir fast völlig einer Meinung:

Thematisch stimmige Spiele liegen auch mir am Herzen (wenngleich ich abstrakte Spiele durchaus mag), ich lege Wert auf ein stimmiges Verhältnis von Thema und Spielmechanik (auch wenn mir das nicht immer gelingt) und dennoch sehe ich das Spiel auch losgelöst vom Thema als individuelle geistige Schöpfung an, was hierzulande die erste Voraussetzung für den Schutz durch das Urheberrecht ist.

Laut Pressemitteilung von Vorstand und Verwaltungsrat sind Spiele jedoch nicht juristisch geschützt sondern lediglich schützenswert, womit sie sich in der rein juristischen Beurteilung des Falles auf die Seite der Mannheimer Richter schlagen.

Diesen würde ich übrigens nicht vorwerfen, den Fall nicht mit der größtmöglichen Tiefe behandelt zu haben; die erforderliche Tiefe hätte es auch getan - was ebenso für dich gilt. Wer sich zum Zitatrecht äußert, sollte sich den entsprechenden Paragraphen im Urheberrechtsgesetz zumindest ein mal durchlesen:

    §51 UrhG:

    "Zulässig ist die Vervielfältigung, Verbreitung und öffentliche Wiedergabe eines veröffentlichten Werkes zum Zweck des Zitats, sofern die Nutzung in ihrem Umfang durch den besonderen Zweck gerechtfertigt ist. Zulässig ist dies insbesondere, wenn 1. einzelne Werke nach der Veröffentlichung in ein selbständiges wissenschaftliches Werk zur Erläuterung des Inhalts aufgenommen werden, ..."
(Quelle: http://www.jusline.de/Urheberrechtsgesetz_(UrhG).html)


Das ist es, was Hugo Kastner in seinem Buch tut: er setzt sich inhaltlich mit den Spielen auseinander. Er rezensiert und analysiert sie und zwar in einer Weise, die deutlich macht, was das Werk Spiel ausmacht. Bei Heckmeck am Bratwurmeck macht die Spielanleitung nur ein Drittel des Textes aus. Der Rest ist Kommentar zum Spiel, bei dem er auch den Werkscharakter des Spiels hervorhebt.

"Die große Humboldt Enzyklopädie der Würfelspiele" ist ein wertvolles Buch, trotz einiger Mängel, die ich nicht verschweigen will: Nicht alle Spiele, deren Regeln abgedruckt sind, werden ausführlich behandelt; das sind in meinen Augen Urheberrechtsverletzungen. Und es fehlt ein Verzeichnis der Autoren. Eine, wenn auch geringfügige Urheberrechtsverletzung in Bezug auf Heckmeck sehe ich darin, dass er eben nicht die Originalregeln abgedruckt sondern dass Thema verändert hat (Sterne statt Würmer). Denn § 23 UrhG besagt:

    "Bearbeitungen oder andere Umgestaltungen des Werkes dürfen nur mit Einwilligung des Urhebers des bearbeiteten oder umgestalteten Werkes veröffentlicht oder verwertet werden."

Im Zusammenhang mit der Frage des Schutzes für das Regelwerk ist das aber nicht so von Belang.

Der eigentliche Skandal ist die Urteilsbegründung, dass Spiele generell nicht unter Urheberrechtsschutz fallen. Diese Begründung hat dem Humboldt Verlag einen Pyrrhus-Sieg beschert. Er steht jetzt - nicht ganz zu Unrecht - als Buhmann da, obwohl er für einen Großteil der Klagepunkte gute Argumente hätte ins Feld führen können. Im Gesamtzusammenhang muss auch der Rest nicht so schwer wiegen. Ein Urteil, das das Urheberrecht von Spielen anerkennte, hätte hier für beide Beteiligten und für die Spieleszene insgesamt für Klarheit und Rechtssicherheit sorgen können.



Eine Einwilligung zum Abdruck der Originalregeln hatte es nicht gebraucht. Hugo Kastner hat trotzdem bei Zoch angefragt und selbstverständlich das OK bekommen: In Einklang mit der geltenden Rechtslage, und zwar auch wenn man voraussetzt, dass Spiele urheberrechtsfähig sind.

Als Verlag informiert man den Autor zudem nicht von jeder Werbemaßnahme. Und wenn Verlag und Autor in ihrer Haltung gegenüber dem Humboldt Verlag nicht an einem Strang ziehen, so spricht das eher für ein generelles Kommunikationsproblem zwischen beiden Beteiligten.



Das Urteil solltest du vielleicht auch lesen, bevor du das Gericht zitierst. Das Gericht bemängelt nicht die Schöpfungshöhe des Spiels sondern verneint grundsätzlich die Schutzfähigkeit von bloßen Spielregeln. In diese juristischen Beurteilung sind sich Gericht und offizielle SAZ einig, mit dem Unterschied, dass die SAZ einen juristischen Schutz für wünschenswert hält, während sich das Gericht gar nicht mit der Frage zu befassen hat, welche Gesetze wünschenswert wären.

Du und ich sehen einen wesentlichen Unterschied zwischen Bedienungsanleitung und Spielanleitung und sind daher über die Mannheimer Entscheidung empört (ich in Kenntnis der Urteilsbegründung).

Andererseits: warum solltest du überhaupt irgendetwas lesen, wenn du nicht zwischen dem Gelesenen und deiner Interpretation unterscheiden kannst. Es ist allgemein bekannt, auf wen du anspielst, du sprichst von einem online einsehbaren Interview, aber nennst nicht die Quelle für dein 'sinngemäßes Zitat'.

    "Oft wird der Wert eines Kulturgutes daran gemessen, wie viele Laufmeter Bücher in einer Bibliothek zum Thema stehen. Da sieht es beim Thema Spiel sehr schlecht aus. Die rührige Ausnahme ist da der Humboldt Verlag, der seit vielen Jahren mit Büchern zum Spiel diese Lücke zu füllt. ..."

    Ferdinand de Cassan am 11. Juni 2008 auf
    http://www.spielen.at/default.asp?A=http://www.spielen.at/blog/20080611a.asp


Ferdinand schreibt nicht, dass Hugo Kastner und der Humboldt-Verlag mit dem Vollzitat den Wert des Kulturguts Spiel erhöhten, sondern dass die Spiele-Bücher des Humboldt Verlages das Thema Spiel in Bibliotheken präsent machen. Hierdurch wird der Wert des Kulturgutes Spiel für diejenigen erhöht, die ihn in Laufmeter Bücher messen.

Deine Interpretation ist verkürzend und sinnverfälschend; dass du weder Quelle noch Person nennst, nachdem du den Namen Zoch klar genannt hast, macht für mich deutlich, dass diese Zitatverstümmelung in böswilliger Absicht geschah.

Reiner Knizia kann in diesem Fall nicht mehr entscheiden, 'ob er weiter für sein Recht kämpft' da er das Urteil hat rechtskräftig werden lassen. Für uns ist das Kind jedoch nicht 'in den Brunnen gefallen'. Wenngleich das Urteil juristisch haarsträubend ist, so hat es doch eine öffentliche Diskussion in Gang gesetzt und schafft Bewusstsein über das Urheberrecht von Spielen.



Wir alle haben die Möglichkeit, uns mit dem Urheberrecht von Spielen auseinander zusetzen, für uns Partei zu ergreifen und auf die öffentliche Diskussion Einfluss zu nehmen. Engagierte Autoren tun das inzwischen besser außerhalb der SAZ; denn da laufen sie nicht Gefahr, dass ihre Texte durch die Laune eines Funktionärs klammheimlich aus dem Netz verschwinden (www.spielblog.com).

Wäre die SAZ eine Interessenvertretung für Spieleautoren, so würde sie die Diskussion vorantreiben anstatt zu versuchen sie abzuwürgen. Doch der Vorstand löscht die Diskussion aus dem Netz, du machst falsche Fronten auf, indem du den renommierten Verlag Zoch und Ferdinand de Cassan unqualifiziert und böswillig angreifst. Letzterer hat sich vielfältig um das Kulturgut Spiel verdient gemacht hat und ist mit 'Spielejournalist' sicherlich nur unzureichend charakterisiert.


Ja, der Job im Ministerium:

Vielleicht ist er ein Grund dafür, dass es seit 2003 in der SAZ mehr um Machtpolitik als um Inhalte geht ...

Interessieren würde mich auch, für wen du Lobbyismus betreibst ...




   
Home     Sitemap     Kontakt     Em@il